Theodor Fontane, der Bundestag, und der Krieg in Afghanistan

Dr. Alexander von Paleske        —-   2.4. 2019   ——-  

Dieses Jahr jährt sich zum 200. mal der Geburtstag Theodor Fontanes.  

Von Fontane lernen
Anlass auch für den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, in einer Rede an den grossen Dichter zu erinnern, der Werke wie Effie Briest
und Wanderungen durch die Mark Brandenburg  geschrieben hatte.
Der Bundespräsident mahnte, aus Fontanes Werken zu lernen.

Vergessen, absichtlich oder unabsichtlich das sei dahingestellt, wurde allerdings ein Werk Fontanes:


“Das Trauerspiel von Afghanistan”.

Das Gedicht (siehe Anhang) hat einen starken Bezug aur Gegenwart.
Zusammen aus ähnlichen Trauerspielen, wie dem sowjetischen  Einmarsch in Afghanistan 1979-1989, hätte sich 2002 eine Menge lernen lassen – wenn man nur gewollt hätte…

Theodor Fontane
Steinmeier bei der Fontane-Gedenkveranstaltung

Wollten nicht lernen

Die deutschen Politiker wollten aber nicht, hielten und halten an dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan fest. So stimmte der Bundestag vor zwei Wochen mehrheitlich dafür, den NATO-geführten „Resolute Support“-Einsatz in Afghanistan zur Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte zu verlängern.. Dort ist die Bundeswehr als zweitgrößter Truppensteller hinter den USA mit immer noch bis zu 1300 Soldaten engagiert.

In einer namentlichen Abstimmung beschlossen die Abgeordneten eine Verlängerung des Mandats bis zum 31. März 2020. CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne stimmten dafür, AfD und Linke dagegen.


Union und SPD hatten zuvor für die Verlängerung des Einsatzes geworben.

“Erreichte Fortschritte in Afghanistan dürften nicht aufs Spiel gesetzt werden, Deutschland bleibe ein verlässlicher Partner in der Sicherheitspolitik”

erklärte der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Johann Wadephuhl.

Welche Fortschritte?
Fortschritte???? Welche Fortschritte??? Mehr als 1 Billion US Dollar sind in den Krieg geflossen, aber mittlerweile kontrollieren die Taliban mehr als die Hälfte des Landes, und haben eine Parallelverwaltung in allen Provinzen aufgebaut.


Zehntausende von Toten und ein unbeschreibliches Flüchtlingselend als Folge des Krieges können ebenfalls wohl kaum als „Fortschritte“ bezeichnet werden.


Verlorener Krieg
Der Krieg – wie auch der Vietnamkrieg seinerzeit – ist prinzipiell verloren, darauf wurde auch hier kontinuierlich seit 2009 immer wieder hingewiesen. Dazu noch in drei Intervies mit dem ehemaligen Deutschen Botschafter in Afghanistan, Dr. Werner Kilian. Damals wurde in den Medien noch behauptet,  Berlin würde in Afghanistan verteidigt.


Verhandlungen in Katar
Die USA führen zur Zeit Verhandlungen mit den Taliban in Katar über den (unvermeidlichen) Rückzug.
Die Taliban selbst stehen unter Konkurrenz-Druck von Seiten der Terrortruppe Islamischer Staat, IS, dessen brutaler Terror sich  auch gegen die moslemischen Schiiten richtet.


Deutschland ist an den Verhandlungen in Katar nicht beteiligt, obgleich es seit 2002 Kriegsteilnehmer ist, 53 Soldaten der Bundeswehr dort ihr Leben gelassen haben und Hunderte traumatisiert nach Deutschland zurückgekehrt sind.


Der rasche Abzug der Bundeswehr steht dringender denn je auf der Tagesordnung.

Theodor Fontane (1859):  Das Trauerspiel von Afghanistan

Der Schnee leis stäubend vom Himmel fällt,
Ein Reiter vor Dschellalabad hält,
„Wer da!“ – „Ein britischer Reitersmann,
Bringe Botschaft aus Afghanistan.“
Afghanistan! Er sprach es so matt;
Es umdrängt den Reiter die halbe Stadt,
Sir Robert Sale, der Kommandant,
Hebt ihn vom Rosse mit eigener Hand.

Sie führen ins steinerne Wachthaus ihn,
Sie setzen ihn nieder an den Kamin,
Wie wärmt ihn das Feuer, wie labt ihn das Licht,
Er atmet hoch auf und dankt und spricht:

„Wir waren dreizehntausend Mann,
Von Kabul unser Zug begann,
Soldaten, Führer, Weib und Kind,
Erstarrt, erschlagen, verraten sind.

Zersprengt ist unser ganzes Heer,
Was lebt, irrt draußen in Nacht umher,
Mir hat ein Gott die Rettung gegönnt,
Seht zu, ob den Rest ihr retten könnt.“

Sir Robert stieg auf den Festungswall,
Offiziere, Soldaten folgten ihm all‘,
Sir Robert sprach: „Der Schnee fällt dicht,
Die uns suchen, sie können uns finden nicht.

Sie irren wie Blinde und sind uns so nah,
So lasst sie’s hören, dass wir da,
Stimmt an ein Lied von Heimat und Haus,
Trompeter blast in die Nacht hinaus!“

Da huben sie an und sie wurden’s nicht müd‘,
Durch die Nacht hin klang es Lied um Lied,
Erst englische Lieder mit fröhlichem Klang,
Dann Hochlandslieder wie Klagegesang.

Sie bliesen die Nacht und über den Tag,
Laut, wie nur die Liebe rufen mag,
Sie bliesen – es kam die zweite Nacht,
Umsonst, dass ihr ruft, umsonst, dass ihr wacht.

„Die hören sollen, sie hören nicht mehr,
Vernichtet ist das ganze Heer,
Mit dreizehntausend der Zug begann,
Einer kam heim aus Afghanistan.“

Afghanistan – noch mehr (auch deutsche) Truppen? Eine Stellungnahme von Ex-Botschafter Dr. Werner Kilian

https://oraclesyndicate.twoday.net/stories/afghanistan-noch-mehr-westlixche-truppen-auch-aus-deutschland-eine-ste

Schrecken ohne Ende? – Ein Interview mit Botschafter a.D. Dr. Werner Kilian
http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/afghanistan-schrecken-ohne-ende

Nach der Afghanistankonferenz – Dr. Werner Kilian im Interview

http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/6164692

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