Hongkong, China, die USA und die Demonstranten

Dr. Alexander von Paleske —– 3.12. 2019 —-

In der vergangenen Woche haben die USA ein Gesetz zum “Schutz der Demokratie in Hongkong” verabschiedet, was sogleich von Präsident Trump unterzeichnet, und damit in Kraft gesetzt wurde. Ein Gesetz,  das Sanktionen gegen Hongkongs Regierung, und damit gegen China bei Menschenrechtsverletzungen androht . Das Gesetz ist Wasser auf die Mühlen der Demonstranten. In der vergangenen Woche marschierten sie  mit vielen US-Nationalflaggen zum US Konsulat, um sich für das US-Gesetz zu bedanken, und sangen die US-Nationalhymne. Auf den Transparenten  war zu lessen:

„Präsident Trump, bitte befreien Sie Hongkong“

Demonstranten in Hongkong letzte Woche

Seit 6 Monaten

Seit Juni dauern die zuletzt ausserordentlich gewaltsamen Demonstrationen  gegen  die Regierung  Hongkongs, und damit China, nun schon an. Mittlerweile schlägt blankler Hass den Unterstützern der chinesischen Regierung  in Hongkong entgegen. Auf Apps wird mitgeteilt, welcher Ladenbesitzer bzw. Restaurantbesitzer auf seiten der Demonstranten steht, und wer nicht, und damit implizit zum Boykott chinafreundlicher Ladenbesitzer aufgefordert.

Der Tourismus,  eine wichtige Einnahmequelle – gerade auch der Tourismus aus Festlandschina –  ist massiv eingebrochen. Leidtragende sind nicht nur die Hotels, sondern auch die Geschäfte im Zentrum Hongkongs. Die Auswirkungen werden aber alsbald überall in Hongkong zu spüren sein

Empörung in China

Die Regierung Chinas ist über das neue Gesetz der USA ausserordentlich empört, sieht es als Einmischung in die inneren Angelegenheiten der VR China an, und hat  Gegenmassnahmen verhängt: so dürfen US-Kriegsschiffe nicht mehr, wie bisher, den Hafen Hongkong anlaufen,  bestimmte US-Organisationen dort nicht  mehr dort tätig werden

Sezession als Ziel

Die Demonstranten wollen eine komplette Loslösung Hongkongs von China. Ueberall verkünden sie “Hongkong ist nicht China,”  und streben damit in letzter Konsequenz einen eigenen  Stadtstaat wie Singapur an.

Nun rufen sie auch noch den US PräsidentenTrump  um Hilfe, während andernorts in der Welt Jugendliche gegen den Ausstoss klimaschädlicher Gase protestieren.

Trump als Helfer –  das ist allerdings mehr als erstaunlich: Trump hat nicht nur den Handelskrieg mit  China vom Zaun gebrochen, sondern gegen ihn läuft ein Absetzungsverfahren, er torpediert Massnahmen zum Schutz des Klimas, bezeichnet den Klimawandel als Quatsch, seine Amtsführung ist mit Lügen und  Beleidigungen gespickt.

Einen solchen Mann zu Hilfe zu rufen, mit vielen US-Fahnen vor dem US-Konsulat, mit Absingen der US-Nationalhymne, lässt auch eine ziemliche Ignoranz  der Geschichte Hongkongs auf Seiten der Demonstranten erkennen.

Ein Blick zurück

 Das Kaiserreich China war nach zwei Opiumkriegen im 19. Jahrhundert, , 
die England gegen das Kaiserreich geführt hatte, um es für seine Exporte mit Gewalt zu öffnen, derartig geschwächt, dass es nicht in der in der Lage war, sich der britischen Forderung auf Verpachtung von Hongkong an die britische Krone für 99 Jahre zu widersetzen.

Der erpresste Pachtvertrag lief 1997 aus. Hongkong, das völkerrechtlich nie aufgehört hatte, ein Teil Chinas zu sein, fiel verwaltungsmässig automatisch an die Volksrepublik China zurück.

Bis 2047
Allerdings vereinbarte die VR China – ohne in irgendeiner Weise juristisch dazu verpflichtet zu sein –   mit der britischen Regierung im Vertrag über die Abzugsmodalitäten, den Status quo in Sachen Judikative, Exekutive und Wirtschaftsverfassung bis zum Jahre 2047  fortgelten zu lassen, selbst aber für Ausssen- und Verteidigung allein zuständig zu sein, so wie auch mit Macau, einst potugiesische Kolonie, wie es auch das abtrünnige Taiwan ansieht: als Teil Chinas gemäss dem Prinzip “Ein Land zwei Systeme”.

Rasante Entwicklung

Hongkong, während des 2. Weltkriegs von Japan besetzt, hatte nach der Niederlage Japans, und Wiederbesetzung  durch  die britische Marine  – entgegen im 2. Weltkrieg gemachten Versprechungen seitens der Alliierten –  eine rasante wirtschaftliche Entwicklung hingelegt, wurde zum Umschlagplatz für chinesische Produkte, insbesondere preiswerte Textilien, die im chinesischen Hinterland in der Provinz Guangdong  und anderswo hergestellt worden waren.
Für China wurde  Hongkong somit ein wichtiger Devisenbringer und Handelsplatz, deshalb hatte die chinesische Regerung auch keinerlei Interesse daran, den erpressten Pachtvertrag- absolut völkerrechtsgemäss – für null und nichtig zu erklären, und in Hongkong einzumarschieren, wie Indien in Goa im Dezember 1961.

Hoher Lebensstandard
Hongkong entwickelte sich nicht nur zu einem Handelszentrum, sondern auch zu einem Finanzplatz, und zu einem Touristenanziehungspunkt, zumal die Einreise aus westlichen Ländern ohne Visum möglich war und ist.
Die Bevölkerung Hongkongs erfreute sich so eines wesentlich höheren Lebensstandards, als die Festlandschinesen.

Mit den von Deng Xiaoping 
eingeleiteten Wirtschaftsreformen nach dem Tode Mao Zedongs  und der rasanten Entwicklung, die China schliesslich zur weltweit zweitstärksten Wirtschaft machte, verlor Hongkong als Handelszentrum zunehmend an Bedeutung. Längst werden die Warenströme nicht mehr  über Hongkong abgewickelt, und der chinesische Präsident Xi Jinping 
plant ganz neue Exportwege mit der sogenannten Neuen Seidenstrasse, Road and Belt Initiative genannt. Darin spielt Hongkong eine Rolle wie jede andere Grosstadt in China: keine besondere.

Missvergnügte Jugend

Mit zunehmendem Missvergnügen betrachtete die rebellische Jugend diese Entwicklung, die auch für sie in Zukunft einen wirtschaftlichen Abschwung befürchten liess. Als Ausweg sahen sie die Abtrennung von China, und Unabhängigkeit als Stadtstaat.   Vorbild:  Singapur. Der Slogan der Oppositionsbewegung:

Hongkong is not China

drückt dies mehr als deutlich aus. Das Ende der in erst 27 Jahren auslaufenden Sonderrechte stellten sie in den Mittelpunkt, als wenn sie bereits vor der Tür stünden.


Statt mit der Regierung in Beijing darüber zu sprechen, und  z.B. weiter ungehinderten Tourismus ohne Visa über 2047 hinaus zu verhandeln, nun der Kampf gegen China, denn in Wirklichkeit geht es ihnen um etwas ganz anderes: um einen  eigenen Stadtstaat wie Singapur. Das ist mit China verständlicherweise nicht verhandelbar.

China lässt sich von niemandem mehr auf der Nase herumtanzen. Chinas Regierung hofft, dass sich die Demonstrationen in absehbarer Zeit totlaufen, um ein Eingreifen seiner Armee zu vermeiden.

Das Resultat der Unterstützung  der Demonstranten durch die USA wird nur zu einer  Zunahme der Spannungen Chinas mit den USA führen.

 Von den grossen Deals, die US- Präsident zu Beginn seiner Amtszeit vollmundig ankündigte, mit China, mit Russland, mit Nordkorea, hat sich bisher  nichts  materialisiert.

Ein Gedanke zu “Hongkong, China, die USA und die Demonstranten

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