Verurteilung des Mörder-Gangsters Holleeder, die Amsterdamer Krimi-Szene und die Querverbindungen in “bessere Kreise”

Dr. Alexander von Paleske    —-   6.7. 2019 —

Vorgestern wurde der Amsterdamer Grossgangster Willem Holleeder wegen fünffachen Mordes, einem Totschlag, und einem Mordversuch zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

Willem Holleeder

Darüber berichteten die Medien, auch dass die Ueberführung gelang, weil seine Schwester Astrid, eine Strafverteidigerin, ihn “verpfiff”, und nun um ihr Leben fürchten muss. Sie hatte mehrfach Gespräche, die sie mit Holleeder im Gefängnis geführt hatte, und in denen er seine Taten gestand, heimlich auf Tonband aufgenommen, und dann an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet.


Schon mehrfach Thema

Merfach hatten wir uns bereits mit diesem Herrn beschäftigt, weil er auch zum Umfeld des serbischen Grossgangsters Sreten Jocic, alias Joca Amsterdam gehörte. Auch diesen Jocic wollte Holleeder in Serbien umbringen lassen. Er heuerte zur Ausführung seines Racheplans einen Hitman namens Goran Marjanovic an, aber Jocic bekam Wind von der Sache, und ließ am 18.5. 1995 Marjanovic von zwei angeheuerten serbischen Polizisten in einem Cafe in Belgrad erschießen. Details siehe hier

Grossgangster Sreten Jocic war wiederum angeblich in die Ermordung des investigativen kroatischen Journalisten Ivo Pukanic  involviert, der vermutlich auf Anordnung des ehemaligen kroatischen Regierungschefs Ivo Sanader durch einen Bombenanschlag beiseite geräumt wurde.

Einst beschaulicher Untergrund
Aus einem vergleichsweise beschaulichen Untergrund in den 60er Jahren, entwickelte sich mit dem Aufkommen des Drogenhandels auch in Amsterdam ein schwerkrimineller Untergrund, an deren Spitze einerseits der Niederländer Klaas Bruinsma , und andererseit die Jugoslawen-Gang, mit zunächst Duje Becirovic stand, einstmals Chef der Frankfurter Jugo-Gangster, und, nach dessen von Bruinsma angeordneter Ermordung, dann dessen Leibwächter Sreten Jocic, der sich den Spitznamen Joca Amsterdam durch schwerstkriminelle Aktivitäten redlich verdient hatte.

Bis ins Königshaus

Auch das wurde uns eher am Rande nur interessieren, wenn nicht in diesen Untergrund-Sumpf Personen indirekt involviert waren, die einerseits zum niederländischen Königshaus gehören, andererseits ein Immobilienmakler namens Jan-Dirk Paarlberg,  mit der damaligen EU-Kommissarin Neelie Kroes verbandelt, und auch mit dem nun verurteilten Grossgangster Holleeder, worüber allerdings jetzt nichts in den Medien zu lesen war.

Neelie Kroes (li) und Jan Dirk Paarlberg (re)
Bruinsma und das Mabelgate
Fangen wir mit Holleeders Verbrecher-Chef-Vorgänger Bruinsma an: der hatte ein wunderbares Techtelmechtel mit einer gewissen Mabel Wisse Smit, 
Eine attraktive Holländerin, die später wiederum mit einem offenbar kriminellen US-Rechtsanwalt namens Mohamed Sacirbey anbandelte,  den sie zärtlich “Mo” nannte, bis sie schliesslich auf den Mann ihres und fürs Lebens traf: der Bruder des jetzigen Königs Willem namens Johann Friso von Oranien-Nassau. 
Als ihre unerquickliche Vergangenheit ruchbar zu werden drohte, wobei Wikipedia etwas Hilfestellung leistete, versuchte sie mit Gatten Johann Friso  das Unerquickliche zu löschen. Es flog auf und wurde zum sogenannten  Mabelgate
Princess Mabel von Oranien geb. Wisse Smit

Auf Bruinsma folgt Holleeder

Ihr Ex Freund Bruinsma war zu diesem Zeitpunkt bereits von Sreten Jocic aus dem Wege geräumt worden, seine Nachfolge trat der jetzt verurteilte Willem Holleeder an.
Der war schon 1983 durch die Entführung des Heineken Bier-Chefs Freddy Heineken  stafrechtlich in Erscheinung getreten: sein schwerkriminelles “Gesellenstück” in der Amsterdamer Krimi-Szene, das ihm und seinen Komplizen rund 16 Millionen Euro einbrachte – und später dann mehrere Jahre Knast.
Total unresozialisiert setzte er nach der Entlassung sofort seine kriminellen Aktivitäten fort, und fing mit dem Morden an. Eines seiner Opfer: sein Schwager Cor van Hout, der Ehemann seiner Schwester Sonja.

Bargeld durch Drogenhandel und Erpressung
Aber sein Hauptaugenmerk war natürlich die Geldbeschaffung in bar, meistens durch Schutzgeld-Epressung und Drogenhandel.
Dieses Geld musste wieder in den normalen Bankenkreislauf geschafft werden. Etwas schwierig mit dem Verbot der Geldwäsche, aber da konnte ein Mann aus besseren Kreisen, gut angesehen und gut aussehend, namens Jan-Dirk Paarlberg behilflich sein, wofür er  mehrere Jahre Gefängnis kassieren sollte.

Als die Polizei noch nicht gegen ihn ermittelte , war er in einer engen Beziehung mit einer niederländischen Politikerin, die es bis zum EU-Kommissar schaffte: Neelie Kroes.
Die hatte nicht nur in einem schlossähnlichen Anwesen des Jan-Dirk residiert, sondern auch zwei Immobilien im Werte von 6 Millionen Euro erworben, dank eines Kredits von …. natürlich des Jan Dirk Paarlberg. Als Paarlbergs Aktivitäten aufflogen – Neelie wusste angeblich von nichts – musste sie sich rasch von diesen Immobilien – und von ihrem Jan-Dirk – trennen.


Wahrsager konsultiert
Zuvor hatte sie schon wegen Sorgen um ihre Karriere mehrere Wahrsager konsultiert, weil sie offenbar ihren eigenen Fähigkeiten nicht allzusehr vertraute. Diese “Zukunftserforscher” hatten offenbar verabsäumt, ihr Augenmerk auf diese kriminelle Schlagseite ihres Freundes Jan-Dirk zu richten.
Es zeigt sich weider einmal, dass nach Brüssel gerne auch “verdiente” Personen fortgelobt (abgeschoben) werden, für die in der Heimat so recht keine Verwendung mehr zu finden ist, wie z.B. Peter Mandelson, der zweimal wegen Bestechungsvorwürfen das britische Blair-Kabinett verlassen musste, und dann EU- Handelskommissar wurde.

Nach dem Ende Neuanfang

Aber auch nach ihrem Ende als EU- Kommissarin konnte Neelie Kroes sich, die auch mit einer Briefkastenfirma auf den Bahams verbandelt war, mit ihren gesammelten Erfahrungen bei der US-Firma UBER nützlich machen. Eine Firma, die den Taxis („Scheiss Taxis“ wie Ubers Ex Chef Kalanick sie bezeichnete) massive existenzbedrohende Konkurrenz macht, aber in Europa- abgesehen von Grossbritannien  – (noch) nicht so recht Fuss fassen kann.

Sumpf ausgetrocknet?
Bleibt abschliessend noch zu fragen: Wird mit der Verurteilung Holleeders, dieser Amsterdamer Krimi-Sumpf nun ausgetrocknet?
Die Antwort ist ein klares NEIN.

Die Mordstatistiken in Amsterdam weisen aus:
Von März 1975 bis März 2009 wurden mehr als 100 Personen aus dem kriminellen Milieu beseitigt.
Todesurteile verhängten die Bosse, ausgeführt wurden sie von sog. Hitmen und den Hells Angels in Amsterdam.

„Lediglich“ 8 Milieu-Morde waren es  in den Jahren 1975 bis 1990. Aber dann ging es so richtig los: mehr als 90 zwischen 1990 und 2009.

Aufgeklärt, und die Täter der Bestrafung zugeführt: Seltenheitswert.

Unter den Erschiessungsopfern waren 60 Holländer, 12 Jugoslawen, vier Marrokaner, drei Briten, drei Türken, drei Kolumbianer, zwei Belgier zwei Schwarzafrikaner zwei Chinesen und ein Italiener.

Und dieser Trend hat sich beschleunigt fortgesetzt.

Inkompetenz der Polizei

In ihrer Inkompetenz und Verzweiflung greifen die staatlichen Ermittler zu unkonventionellen Methoden:
So versuchten sie es über einen schmutzigen Deal: Geld für Verpfeifen.
Das Geld stammte aus beschlagnahmten Drogengeldern, die nun – steuerfrei – an einen Schwerverbrecher freigegeben werden sollten.

Ein abenteuerliches Vorgehen, selbst für die Cannabis-freundlichen Niederlande. Noch schlimmer: das Geld wurde an der Steuer vorbei auf Nummernkonten in der Schweiz überwiesen. Die Staatsanwaltschaft als Gehilfe zum Steuerbetrug und Veruntreuer von Staatsgeldern – schlimmer geht’s nimmer.

Der. niederländische Justizminister Ivo Opstelten musste deswegen 2015 zurücktreten. Details siehe hier.

Alles in allem ein Armutszeugnis der holländischen Strafverfolgungsbehörden.

Fazit

Holleeder ist aus dem Verkehr gezogen – lebenslang, dennoch: die niederländische Krimi-Szene blüht mehr denn je – und die Polizei hilfloser denn je. Aber wenigstens sollen die Damen des leichten Gewerbes mit Schaufenster aus dem Amsterdamer  Rotlichtbezirk verbannt werden. Wie schön. Wenigstens etwas.

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