Zeitbombe Antibiotikaresistenz – kein Thema für die Ampel-Koalition

Dr. Alexander von Paleske —— 9.2. 2022 ——–

In der gegenwärtigen Krisenlage, Stichworte:  Corona und Ukraine,  ist ein Problem völlig in den Hintergrund gerückt, dabei ist es eine Zeitbombe die schon länger tickt: Die Antibiotikaresistenz.

Keiner der  zuständigen  Minister der neuen Regierung äusserte sich bisher zu diesem Problem, und wie es angegangen werden soll:  weder  Gesundheits-Kassandra- Minister Lauterbach, noch der  grüne Verkehrs- und Auto-Experte und nun Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir,  der statt ins Elektro-Auto auf den Trecker steigen musste.

Dabei ist  die  Antibiotikaresistenz  eines der dringendsten Probleme im Gesundheitsbereich und der Landwirtschaft, dort   die Massentierhaltung als der Problemverursacher. Bei der Massentierhaltung, insbesondere bei der Geflügelmast ist   der Einsatz von Antibiotika essentiell.

Die Antibiotikaresistenz droht  viele Errungenschaften der modernen Medizin zunichte zu machen, und uns in der Infektionsbehandlung auf den Stand von vor 100 Jahren zurückzuwerfen: in die  Vor-Antibiotika Aera.

Schon jetzt ist die bereits vorhandene Antibiotika-Resistenz eine der Haupttodesursachen: Rund 4,95 Millionen Todesfälle wurden  2019 weltweit  ( mit-) verursacht durch Infektionen mit Antibiotika-resistenten Bakterien, bei  1,27 Millionen war  der Tod  die direkte Folge der  Antibiotikaresistenz bei schwerer bakterieller Infektion..

 2019 hiess es noch:  Bereits jetzt sterben rund 7000 Patienten pro Jahr in Deutschland an Infektionen mit multiresistenten Keimen. Weltweit sind es rund 200.000. Diese Zahlen mussten jedoch mittlerweile deutlich nach oben korrigiert werden.

Ein Blick zurück

Zur Erinnerung :  Das Prontosil wurde 1937 als erstes  antibakterielles Chemotherapeutikum.eingefuehrt, wenn man vom Salvarsan absieht.   Gefolgt 1944 vom  Antibiotikum  Penicillin. Die 60er 70er und 80er Jahre können als die goldenen Jahre der Antibiotikaentwicklung bezeichnet werden. Breitspektrumantibiotika wie die  Breinband-Penicilline,  die Cefalosporine der 3. Generation, die Carbapeneme und  die Chinolone (Gyrase Hemmer)  wirkten effektiv gegen Problemkeime wie Klebsiellen, Proteus und Pseudomonas aeruginosa.

Erst der Einsatz dieser Antibiotika ermöglichte komplizierte  Operationen  und Transplantationen. Nur Optimisten glaubten, diese Wundermittel würden ewig wirken, entsprechend sorglos wurde mit ihnen umgegangen: in der Humanmedizin, aber vor allem auch in der Tiermedizin.  Diese Sorglosigkeit, z.B. der unnötige  Einsatz in der Humanmedizin bei banalen Erkältungen,  oder gar bei Virusinfektionen, wo sie ohnehin  wirkungslos  sind, und insbesondere der breite Einsatz in der Massentierhaltung, hatten der massiven  Resistenzentwicklung erheblichen Vorschub geleistet.

Neue Regierung besser?

Der omnipräsente Gesundheitsminister Karl Lauterbach, auch mit-verantwortlich für die Einführung der desaströsen Fallpauschale, ist bisher  nicht dafür bekannt, den Kampf gegen  die Antibiotikaresistenz und deren Ursachen  auf seine Fahnen geschrieben zu haben.

Bei der Massentierhaltung, insbesondere bei der Geflügelmast ist der Einsatz von Antkibiotika jedoch essentiell, die Tiere schaffen es sonst gar nicht bis zum Schlachttag. Mit anderen Worten: Ohne Antibiotika  gibt es keine Massentierhaltung, insbesondere in der Geflügelmast. Mittlerweile werden dort auch vermehrt Reserveantibiotika eingesetzt, die bei  der Behandlung von Infektionen mit multirestistenen Keimen  in der Humanmedizin zum Einsatz kommen, wenn alle gängigen Antiinfektiva versagt haben..

Der Einsatz  von Antibiotika in der Massentierhaltung  müsste unverzüglich gestoppt werden,  der Einsatz von Reserveantibiotika sofort..

Stattdessen fordert der neue Bundeslandwirtschaftsminister höhere Preise für Fleisch, und eine artgerechte Tierhaltung, was immer darunter zu verstehen ist. Originalton Özdemir:

“Die niedrigen Preise sind einfach eine Sauerei. Das kann man ändern, das muss man ändern, und diese Koalition wird das ändern“,

kündigte der Minister an.

Ich bin  nicht bereit, ein ausbeuterisches System weiter hinzunehmen, das auf Kosten von Menschen, Tieren, Umwelt und Klima geht.

 Damit wird das Pferd allerding vom Schwanz her aufgezäumt.Die Massentierhaltunng wird durch das notwendige Verbot des Einsatzes von Antibiotika massiv eingeschränkt. Die Folge wird dann ohnehin sein, dass Fleisch teurer wird, allerdings auch nicht mehr mit Antibiotika-resistenten Bakterien verseucht.

Die neue Regierung versprach Aufbruch. Sieht so Aufbruch aus?

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