Impfpflicht – gerechtfertigt?

Dr. Alexander von Paleske — 1.2. 2022 —-

Die Impfpflicht ist ein schwerwiegender Eingriff in Freiheitsrechte und das  Recht auf körperliche Unversehrtheit. Die Frage stellt sich daher, unter welchen Umständen derartige  Eingriffe überhaupt zulässig sind,  insbesondere eine Impflicht gegen das Corona Virus SarsCoV-2, den Erreger von Covid-19?

Generell gilt:

Seuchenbekämpfung ist staatliche Aufgabe. An erster Stelle stehen  hygienische Massnahmen, wie sauberes Trinkwasser, Kontrolle von Nahrungsmittel usw. So gelang es z.B die Ruhr, Cholera und Typhus erfolgreich zu bekämpfen.

Impfungen sind ebenfalls Teil der Seuchenverhütung und Seuchenbekämpfung. So liessen sich Seuchen wie die schwarzen Pocken und  die Kinderlähmung per Impfpflicht kontrollieren, die Pocken weltweit schliesslich auszurotten, die Kinderlähmung fast ganz. Personen müssen  derartige  Eingriffe dulden, weil Nichtgeimpfte  damit nicht nur eine Gefahr für sich selbst,  sondern auch für andere darstellen..

 Auch die Masern, eine typische hochinfektiöse – und keineswegs immer harmlos verlaufende – Kinderkrankheit, liesse sich ausrotten, aber nur wenn eine Impfquote von über 90% erreicht werden könnte. Die Impfpflicht für Masern,  ist insoweit etabliert, als Kinder und Betreuer in Kitas geimpft   sein müssen. Sie müssen  diesen Eingriff dulden, weil sie sonst  die hochansteckende Infektion  weiterverbreiten könnten, und damit nicht nur eine Gefahr für sich selbst, sondern auch für die von ihnen betreuten Kinder darstellen.

Andere Impfungen gegen Infektionskrankheiten wie Hepatitis B, das Papilloma Virus (HPV),   Erreger von Gebärmutterkrebs, Peniskrebs und Analkrebs,  aber auch bestimmte Kopf-Hals-Tumoren,   dienen einzig und allein  dem Schutz des  Individuums, nicht aber der Gesellschaft vor Erkrankung. Der Staat hat  eine Aufklärungspflicht,  und muss  für die Bereitstellung vom Impfstoffen sowie Kostenübernahme durch die Krankenkassen sorgen.

 Gleiches gilt für die saisonale Grippe, die  jährliche Impfwiederholungen nötig macht, die aber in keiner Weise die Allgemeinheit schützen, sondern einzig und allein das Individuum, das darüber entscheidet.

Drei Stufen-Prüfung

Grundsätzlich gilt bei allen Eingriffen des Staates  in Freiheitsrechte,  und damit auch und gerade bei einer Impfpflicht,  eine Art Drei-Stufen-Prüfung:

  1. Der Eingriff muss erforderlich sein
  2. Der Eingriff muss  geeignet sein, ein  Uebel wirksam zu bekämpfen
  3. Der Eingriff  muss angemessen sein.
  • Zu 1) Erforderlichkeit des Eingriffs bedeutet die Notwendigkeit staatlichen Handelns, um einen drohenden Schaden für die Gesellschaft  zu verhindern oder zu begrenzen. Bei Eingriffen in Freiheitsrechte –  insbesondere in die körperliche Unversehrheit – sind besonders strenge Masstäbe anzulegen.

 Für eine  Impfpflicht  heisst  das: Der Eingriff muss erforderlich sein zum Schutze der Bevölkerung, nicht aber nur  einzelner  Personen. Also Schutz vor Massenansteckungen  mit der Gefahr erheblicher Gesundheitsfolgen.

Wegen  der  Möglichkeit  von leichten bis schweren Nebenwirkungen nach Impfungen –  bis hin zum tödlichen Ausgang – sind  weitere strenge Masstäbe anzulegen.

Ob eine nicht erhebliche Ueberlastung des Gesundheitswesens zur Einführung einer Impfpflicht ausreicht, ist fraglich, insbesondere wenn man sieht, wie bürgernahe Krankenhäuser nach der Gesundheitsreform der rot-grünen Regierung 2003 mit der Fallpauschale zuerst ins Defizit getrieben, und dann geschlossen wurden – und weiterhin werden.

Sollte eine Triage in grösserem Umfang jedoch  erforderlich sein, wäre eine Impfpflicht diskutabel.

zu2) Der Eingriff muss geeeignet sein, das Ziel zu erreichen. Die bisherigen Impfungen gegen den Erreger von Covid-19   haben  bezüglich der Verhinderung der Weiterverbreitung jedoch versagt: schon bei der Delta-Variante traten vermehrt Impfdurchbrüche oder Reinfektionen nach Genesung und/oder zusätzlicher Impfung auf.  Insbesondere bei der Omikron- Variante sind Impfdurchbrüche keineswegs selten, vielmehr sind  Impfdurchbrüche und damit Virusweiterverbreitung an der Tagesordnung. Die Geimpften und Genesenden werden also  in grossem Umfang selbst zu Weiterverbreitern der Infektion, keinesweg nur die Ungeimpften.  

Hinzu kommt: anders als bei den Infektionskrankheiten, für die eine Impfpflicht besteht bzw. bestand, lässt sich das SarsCoV-2 nach den bisherigen Erkenntnissen nicht ausrotten.

Unter diesem Gesichtspunkt kann von Eignung  der Impfung gegen die Weiterverbreitung keine Rede sein. Unter diesem Gesichtspunkt wäre eine Impfpflicht daher strikt abzulehnen.

Was  durch eine Impfung – wie auch durch eine durchgemachte Infektion – erreicht werden kann, ist ein weniger schwerer Verlauf. Das gilt insbesondere für die Delta Variante, weit weniger allerdings für die Omikron Variante, die sich ohnehin durch mildere Verlaufsformen auszeichnet.

Ueberlastung als Rechtfertigung

Nun schwenkt die Politik um, um und  bringt erneut die Ueberlastung des Gesundheitswesens als Rechtfertigung einer Impfpflicht  ins Spiel.

Während in der Delta Welle  vor allem die Intensivstationen in manchen Regionen hoffnungslos überlastet waren, zumeist mit Nichtgeimpften,  so trifft dies  für die Intensivstationen in der Omikron Welle nicht mehr zu, auch nicht für die Nichtgeimpften. Stattdessen füllen sich mit der Omikron-Welle die Allgemeinstationen..

Betten auf Allgemeinstationen sind aber wesentlich leichter bereitzustellen, weil eine spezielle Ausbildung – anders als in der Intensivpflege – nicht erforderlich ist . Hier müssen,  anders als auf  Intensivstationen,  nicht die Apparate zur maschnellen Beatmung,  zur Dialyse, zur extrakorporalen Oxygenierung bereitgestellt und bedient werden , sondern  hier steht Krankenpflege mit Verabreichung von Medikamenten und einfachere  Formen der Ueberwachung im Vordergrund.

Pflegepersonal fehlt

Hier wie dort aber  fehlt das Pflegepersonal.  Es  gibt jedoch genügend ausgebildete Schwestern und Pfleger, die angesichts der Ueberlastung und der Dehumanisierung des Gesundheitswesens nach Einführung der Fallpauschale, der Krankenpflege den Rücken gekehrt haben. Ein nicht unerheblicher Teil von ihnen könnte jedoch wiedergewonnen werden, allerdings nur nach  durchgreifenden Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und besserer Bezahlung.

Das Gegenteil wird  jedoch mit der bereits beschlossenen Einführung einer Impfpflicht für das Pflegepersonal in Krankenhäusern und Einrichtungen der Altenpflege  erreicht: durch die  Impfpflicht hat und wird  eine nicht unerhebliche Zahl von Pflegekräften der Kranken- und Altenpflege den Rücken kehren, und damit die Krise im Gesundheitswesen nur verschärfen.

 zu3) Schliesslich:  die Angemessenheit des Eingriffs, auch Verhältnismässigkeit genannt:  lässt sich das gesteckte Ziel nicht durch weniger einschneidende Massnahmen erreichen? An erster Stelle steht der Anreiz zu Impfung. Erwarten würde man  eine breit angelegte Kampagne zur freiwillen Impfung. Davon kann jedoch keine Rede sein. Stattdessen eine jämmerliche Darbietung.

Fazit:

Die Voraussetzungen für die Einführung einer Impfpflicht sind hier keineswegs erfüllt. Dabei kann es auch nicht darum gehen, ob eine Impfpflicht durchsetzbar ist, oder nicht, weil eine Impfpflicht hier schon an den dafür erforderlichen Voraussetzungen scheitern muss.

Boostern – oder nicht, Impfpflicht – oder nicht?

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