Massentierhaltung, Bakterien auf Hühnerfleisch und Antibiotikaresistenz

Dr.  Alexander von Paleske          —–   13.1. 2019   ——

Laut einem Medien-Bericht vor zwei Tagen enthielten im Jahre 2018 knapp 52 Prozent  von  Hähnchenfleisch-Proben den Durchfallerreger Campylobacter, 2011 seien es ( nur!) etwa 32 Prozent der Proben gewesen.  In Proben, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) direkt an den Schlachthöfen entnahm, sei der Erreger 2017 sogar bei knapp 79 Prozent der Masthähnchen gefunden worden.

Campylobacter-Kontamination  und seine Folgen
Die Erreger Campylobacter jejuni und Campylobacter coli können bei Menschen eine gefährliche entzündliche Durchfallerkrankung (Campylobacter-Enteritis) auslösen.

C. jejuni zählt mit den Salmonellen zu den häufigsten bakteriellen Durchfallerregern. Insbesondere Kinder Aeltere, Schwangere und Abwehrgeschwächte sind betroffen.
Stichproben von Märkten hatten  bereits im Jahre 2017 ergeben, dass zwei von drei tiefgekühlten Hähnchen aus Supermärkten mit gefährlichen Campylobacter-Keimen kontaminiert waren.

Insgesamt wurden 15 Proben der Hersteller Sprehe (gekauft bei Lidl), Stolle (gekauft bei Rewe) und Wiesenhof (gekauft bei Real) im Labor untersucht.

 

Kranke und Tote
2016 erkrankten in Deutschland laut offizieller Statistik 73.999 Menschen an dem Erreger, vier davon starben. Doch die Zahl der nicht erkannten oder nicht gemeldeten Fälle liegt offenbar viel höher:

In Deutschland gibt es sicherlich mehrere Hunderttausend Fälle pro Jahr“,

sagt Professor Klaus Stark vom Robert Koch Institut (RKI) in Berlin,

Nur strenge Hygiene kann das Risiko einer Infektion senken.”

 

 

Und Antibiotikaresistenz

Der Bericht alleine ist schon alarmierend genug, aber er unterschlägt die dramatisch zunehmende Resistenz dieser Bakterien gegen Antibiotika, insbesondere gegen das bisher hochwirksame Ciprofloxacin:
– Bei Campylobacter jejuni sind mittlerweile mehr als die Hälfte der Isolate von Menschen und Masthähnchen (54,6% bzw. 54,5%) resistent, im Vergleich zu 35,8% der Rinder-Isolate.
– Bei Campylobacter coli waren zwei Drittel der menschlichen und Masthähnchen-Isolate (66,6% bzw. 68,8%) resistent, im Vergleich zu 31,1% der aus Schweinen gewonnenen Isolate
berichtete 2015 die European Food Safety Authrority (EFSA).

Untersuchungen in Grossbritannien in den Jahren 1991 – 2009 zeigen ebenfalls diese dramatische Resistenzzunahme der Bakterien gegen Ciprofloxacin: in eingesandten Stuhlproben, in denen Campylobacter nachgewiesen werden konnte stieg die Antibiotikaresistenz von knapp 5% im Jahre 1991 auf fast 40% im Jahre 2009.

picture1

 

Resistenz aus der Tierfabrik

Die Resistenzzunahme ist ist das Ergebnis des nach wie vor masssiven Einsatzes von Antibiotika in der Massentierhaltung (Tierfabriken), insbesondere bei Geflügel. Ohne Antibiotika schaffen es die Tiere gar nicht bis zum Schlachttag.

Die Forderung nach grösserer Hygiene in den Schlachthöfen, die jetzt als Resultat des Berichtes von dem Grünen  Hofreiter erhoben wird, ist zwar wichtig, eigentlich eine eine Selbstverständlichkeit, greift aber völlig zu kurz, denn:
– Komplette Bakterienfreiheit kann es nicht geben

 

– das Geflügel wird bereits mit diesen pathogenen Bakterien angeliefert und dann, Uberraschung Ueberraschung, von den Schlachtereien auch wieder damit  ausgeliefert .

 
– In den USA wird das Federvieh nach Schlachtung einer Chlorbehandlung unterzogen (Chlorhähnchen), was aus guten Gründen in Europa nicht erlaubt ist.

 

Die Konsequenzen
Die Konsequenzen liegen auf der Hand: Da die Massentierhaltung ohne Antibiotika nicht auskommt, und somit eine Brutstätte resistenter Bakterien ist, muss sie abgeschafft werden. Das bedeutet: weniger Fleischkonsum. Jeden Tag Fleisch zum Tiefstpreis fordert einen hohen Preis: einen viel zu hohen.

3 Gedanken zu “Massentierhaltung, Bakterien auf Hühnerfleisch und Antibiotikaresistenz

  1. Pingback: Massentierhaltung: Mit Volldampf in die Katastrophe | Politica-Comment

  2. Pingback: Die Antibiotikaresistenz nimmt zu, die Ignoranz deutscher Politiker jedoch nicht ab | Geopolitiker's Blog

  3. Pingback: Treffen in Davos, Multiresistenz, extrem teure Therapie und eine Lotterie | Politica-Comment

Hinterlasse einen Kommentar